Lernen im Schlaf
Young woman sleeping in bed with textbooks

Lernen im Schlaf

Das Chemiebuch unters Kopfkissen zu legen, bringt ziemlich sicher nichts. Trotzdem spielt der Schlaf für den Wissenserwerb eine zentrale Rolle. Welche, haben wir von Professor Björn Rasch erfahren, einem Mann der weiss, wie man sich schlau schläft.

Professor Rasch, ich würde gerne Finnisch lernen. Wie muss ich schlafen, damit mir das gelingt? Und muss ich anders schlafen, wenn ich statt Finnisch jonglieren lernen will?
Schlaf nach dem Lernen fördert das Gedächtnis. Das heisst, vor dem Schlafen gelernte Informationen werden besser im Langzeitgedächtnis gespeichert. Für das Lernen von Vokabeln ist insbesondere der Tiefschlaf hilfreich. Zum Erlernen komplexer Bewegungen scheint eher der REM-Schlaf wichtig zu sein. In beiden Fällen sollten Sie vor dem Schlafen lernen beziehungsweise das Gelernte zumindest wiederholen. Für die Vokabeln sollten Sie dann möglichst tief schlafen, für das Jonglieren eher lang, da REM Schlaf vor allem in der zweiten Hälfte der Nacht auftritt.

Viele Studenten lernen vor den Prüfungen bis spät in die Nacht. Würden sie besser früh ins Bett gehen?
Schlaf unterstützt die Speicherung der Informationen im Langzeitgedächtnis, hilft also in einem gewissen Sinn beim Lernen. Deshalb sollten Studierende besser ein paar Tage früher anfangen mit dem Lernen und dafür zu einer normalen Zeit ins Bett gehen.

Wie funktioniert das Lernen im Schlaf überhaupt?
Wir gehen heute davon aus, dass neu erlernte Informationen im Schlaf spontan wiederholt – wir nennen das «reaktiviert» – werden. Dies geschieht, ohne dass es uns bewusst wird. Durch diese spontanen Wiederholungen werden neuronale Netzwerke trainiert, die für die langfristige Speicherung der Information verantwortlich sind. Die Reaktivierungen finden hauptsächlich im Tiefschlaf statt, der wiederum vor allem in den ersten drei Stunden des nächtlichen Schlafs auftritt. Für die Speicherung im Schlaf ist daher eher die Tiefe des Schlafes entscheidend, und weniger die Länge. Aber je länger Sie schlafen, desto grösser ist die Dauer des REM-Schlafs. Und diese Schlafphase ist möglicherweise für komplexe Bewegungen, wie auch für die emotionale Verarbeitung wichtiger.

Mit dem Lernen im Schlaf werden allerlei Versprechungen – und ziemlich viel Geld – gemacht. Es gibt etwa CDs, die einem helfen sollen, nachts neue Sprachen zu lernen. Haben Effizienzsteigerung und Nutzenmaximierung jetzt auch noch den Schlaf erfasst?
Zu den CDs haben wir tatsächlich eigene Untersuchungen durchgeführt, in welchen wir während des Tiefschlafs Vokabeln abgespielt haben. Am nächsten Morgen hatte sich die Gedächtnisleistung um circa 10 Prozent erhöht. Ein Befund, der auch von anderen Labors erfolgreich repliziert wurde. Allerdings trat das Resultat nur bei einer bestimmten Art des Abspielens der Wörter auf. Einfach nachts eine CD zu hören, reicht also vermutlich nicht.

Die Frage, ob der Effizienzgedanke bei so etwas wie Ausruhen und Schlafen überhaupt sinnvoll ist, ist durchaus berechtigt. Ich hoffe aber, dass die bewusste Beschäftigung mit der Rolle des Schlafes für das Lernen vielmehr dazu führt, dass dem Schlaf mehr Zeit, mehr Bedeutung, mehr Wert eingeräumt wird. Dies hätte langfristig sehr positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Optimierung wäre dann eher in dem Sinn zu verstehen, dass man versucht, die Bedingungen für einen erholsamen Schlaf zu verbessern. Das könnte sogar bedeuten, weniger zu arbeiten oder auch am Tag mehr Pausen einzulegen. Dies würde dann letztlich auch dazu führen, dass man länger und nachhaltiger leistungsfähig ist.

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La Semaine du Cerveau
Die jährlich stattfindende Woche des Gehirns will das Verständnis der Öffentlichkeit für die Hirnforschung fördern. Seit 20 Jahren informieren alljährlich im März weltweit hunderte von innovativen öffentlichen Veranstaltungen und Aktivitäten die breite Bevölkerung über die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse. An der Woche des Gehirns sind mehr als 1875 Partnerorganisationen aus über 60 Ländern beteiligt; unter anderem Schulen, Universitäten und Institutionen aus den Bereichen Medizin und Forschung; Patientenrechtgruppen; Regierungsstellen; Dienstleistungsbetriebe und Berufsverbände.

 

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War schon Wünscheerfüller, Weinbauhelfer, Unidozent, Redaktionsleiter, Veloweltreisender und kleinkünstlerischer Dada-Experte. Ist dank dem Science Slam an der Universität Freiburg gelandet.

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