Publikationsdatum 04.12.2018

„Ihr seid das Licht der Welt!" Zweisprachige interdisziplinäre Woche der Freiburger Studierenden 2018


Artikel und Foto: Marc-Olivier Girard - Übersetzung und Ergänzung: Barbara Hallensleben

Vom 27. bis 30. November organisierten Studierende der Theologischen Fakultät in eigener Verantwortung eine zweisprachige „interdisziplinäre Woche mit dem Titel: "Du bist das Licht der Welt! ». P. Luc Devillers o.p., Dekan der Fakultät, führte in die Woche ein und erinnerte an das Licht der Taufe, das in unserem Leben ausstrahlen soll. Der von Jesus geheilte Blindgeborene im Johannesevangelium (Joh 9,1-41) ist in den Evangelien der einzige Mensch, der neben Jesus sagt „Ich bin (es)“. Das bedeutet im tieferen Sinne: Wer das Licht Jesu Christi empfängt, kommt zum wahren Sein. Die Berufung des Christen, Licht zu sein, betrifft alle Aspekte unseres Lebens. Die Dynamik der Woche begann.

Mitten im Novembernebel strahlten die Gesichter der Teilnehmenden bereits beim gemeinsamen Frühstück nach der Eröffnung. In der Fülle der von wenigen Studenten zubereiteten Backwaren wurden so erste Kontakte über die Sprachgrenzen hinweg geknüpft. Anschließend begann eine erste Annäherung an das Thema durch einen Blick in die Kunstgeschichte. Expertinnen und Experten aus dem Departement Kunstgeschichte halfen den Studierenden, das Wechselspiel von Licht und Schatten in Werke von Caravaggio, Rembrandt u.a. zu entdecken und deren Botschaft zu interpretieren.

Für den weiteren Verlauf der Woche konnten die Studierenden Kirche und Pfarrheim der Gemeinde St. Pierre nutzen. „Dein Wort ist ein Licht für meine Pfade“ (Ps 119,105). Der erste Nachmittag war dem Licht des Wortes Gottes gewidmet. Prof. Philippe Lefebvre o.p. hielt einen Vortrag über den Ursprung des Lichts in der Heiligen Schrift. Im Buch Genesis gehören ganz am Anfang Wort und Licht zusammen, noch bevor die Sonne und die übrigen Gestirne erschaffen werden. Gott ist zugleich die Quelle des Lichts und der Sprache, wie Psalm 27 uns erinnert. Dieser Einklang teilt sich auch den Menschen mit und kann in unserem Leben verwirklicht werden. Ein deutschsprachiger Beitrag von Dr. Florian Lippke erinnerte an die Lichtmotive in der Religionsgeschichte des Orients und ihren Widerhall in der Bibel. Eine meditative „Lectio divina“ beendete den Nachmittag.

Am Mittwochmorgen stellten Prof. Filip Karfik, Frau. Laure Solignac und Prof. François-Xavier Putallaz drei verschiedene philosophische Ansätze vor: Platon, Bonaventura und Thomas von Aquin. Das Licht der natürlichen Vernunft findet seine Erfüllung im Licht der Offenbarung. Diese Perspektive ermöglicht auch Antworten auf aktuelle ethische Fragen. Prof. Putallaz bezog sich auf die Enzyklika „Fides et Ratio“ (Glaube und Vernunft") von Papst Johannes Paul II. Hier wird betont, dass die Lösung der Probleme nicht nur in der Einsicht, sondern auch in einer entsprechenden Praxis liegt, die bestimmt ist durch Interpersonalität und den Bezug zur Realität, wo ein „gutes“ Leben möglich ist, das von ideologischen Einseitigkeiten frei bleibt.

Der Mittwochnachmittag im Zeichen des Lichts in der Natur. Der erste Beitrag von Herrn Michael Zurwerra, Rektor der „Fernfachhochschule Brig“, die sich auf Kurse im Fernstudium spezialisiert, dachte mit den Anwesenden darüber nach, was es bedeutet, als Christ Licht zu sein in einer digitalen Welt. Er zeigt auf, welche Veränderungen die digitale Technologie in der Gesellschaft bewirkt und welche Folgen sie für das menschliche Selbstverständnis hat. Der Vortrag von Prof. Geisler, Professor für Pflanzenbiologie an der Universität Freiburg erklärte den Studierenden der Theologie, wie Licht in Physik und Biologie analyisiert wird und welche Auswirkungen das Licht auf Pflanzen und Lebewesen hat. Auch in der Biologie ist zu sagen: Das Licht ist die Quelle des Lebens.

Der Tag endete mit einer Diskussionsrunde, bei der mehrere Zeugen ihre Erfahrungen mit dem Licht mit uns teilten. Beno Kehl teilte mit den Studierenden die Erfahrung, dass er sich – wie Bruder Klaus – eine Zeitlang von Licht ernährt hat. Michael Zurwerra berichtete, wie sich sein persönliches Leben durch den Verlust eines Freundes bei einem Bergunfall geändert hat. Der orthodoxe Theologe Stefan Constantinescu erinnerte an das Licht, das sich in der Osternacht im Heiligen Grab entzündet, und erfuhr auf dem Berge Athos in den langen Nachtgottesdiensten den Einklang zwischen dem liturgischen Licht und dem Licht der Natur. Karl Meienberg wusste zu berichten, wie viel Licht man in der unscheinbaren Arbeit eines Sakristans verbreiten kann.

Am Donnerstagmorgen wurden Schweizer Gestalten der Theologiegeschichte von drei Fachleuten vorgestellt. Jean-Pascal Vacher präsentierte Kardinal Charles Journet, der von der Ausgießung des Lichts Gottes in das Herz der Kirche fasziniert war: Nicht nur eine abstrakt verstandene „Gnade“ wird uns geschenkt, sondern die Einwohnung der Personen des dreieinen Gottes. Maurice Zundel wurde von Marc Donzé vorgestellt: Drei Wege gehen aus dem Licht hervor: Wunder, Jesus Christus und diejenigen, die ihm als Tochter und Sohn des Lichts nachfolgen. Hans Urs von Balthasar war Gegenstand eines Vortrags von Prof. Barbara Hallensleben, die im Vergleich mit dem russischen orthodoxen Theologen Sergij Bulgakov auch auf Balthasars Schattenseiten in einem Personbegriff ohne Naturbezug aufmerksam machte.

Am Nachmittag begrüßte Domherr Paul Frochaux die Teilnehmer in der Freiburger Kathedrale. Auch dort wurden drei Ansichten des Lichts freigelegt. Ein orthodoxer Priester, P. Ioan Ciurin, machte uns sensibel für das Thema des Lichtes in der liturgischen Musik, indem er uns mit einem der ältesten christlichen Hymnen bekannt machte: „Phos hilaron“ (Heiteres Licht). Er kommentierte diesen Hymnus und sang ihn mit den Anwesenden in slawischer Sprache. Dann führte P. Paul Frochaux die Gruppe enthusiastisch durch die Kathedrale, um uns die Glasfenster zu zeigen, die durch das Licht zum Leuchten gebracht werden. Abschließend stellte Br. Charles Desjobert o.p. das Wirken des Lichts in verschiedenen zeitgenössischen Werken der Architektur vor. Der Tag endete mit einer feierlichen Vesper, zu der auch der Ritus des Luzernars gehörte. Während der Vesper sangen alle mit Pater Ciurin das Phos hilaron, der auch eine kurze Predigt hielt, und die Seminaristen übernahmen den liturgischen Gottesdienst und die Psalmodie. Dieser Moment des Gebets war umso schöner, als es eine ökumenische Dimension hatte.

Das Morgengebet am letzten Tag nahm bereits die bevorstehende Adventszeit auf und begann beim Licht der Kerzen in einer dunklen Kirche unter Leitung von P. Peter Spichtig o.p. Vier Redner bezeugten dann ihr missionarisches Leben im Dienst des Lichts: darunter eine Gefängnisseelsorgerin (Frau Débora Kapp), Priester (P. Joël Pralong), der Menschen in schwierigen Lebenssituationen begleitet, ein Missionar (S. Ernst) und eine Mitarbeiterin von des Missionswerkes Missio, Kathrin Staniul. Alle ermutigten die Studierenden, sich an missionarischen und humanitären Projekten zu beteiligen.

Als „Überraschungsgast“ präsentierte uns die Mirayon-Gruppe ihr gleichnamiges Projekt, das eine Reflexion über die Versuchungen der Freiheit ist, in die heutige Menschen durch die Konsum- und Medienwelt geraten: alles überall und jederzeit sofort besitzen zu wollen. Die Gruppe schlug mehrere Elemente der Antwort in einer szenisch inszenierten Musik vor.

Die Woche endete mit einem geselligen und reichhaltigen Aperitif in einer Atmosphäre, die dem Austausch und der Entspannung dient. Das Vorbereitungsteam konnte sich nach den Anstrengungen der Vorbereitung und der großen Leistung der ständigen Simultanübersetzungen über die Früchte der Arbeit freuen!

Artikel cath.ch