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Internationaler Workshop : « Venerunt apices : Kommunikation im Gelehrtennetzwerk um Karl den Grossen »

Spezialisiert / Akademisch Kolloquium / Kongress / Forum
07.03.2019 09:00 - 08.03.2019 16:00
Präsenzveranstaltung

Venerunt Apices: Kommunikation im Karolingischen Gelehrtennetzwerk:

Abstract
Der Gelehrtenkreis um Karl den Grossen ist nicht – wie bisher geschehen – als stabile „Hofschule“ zu sehen, sondern als Summe von Kommunikationsakten. In diesem Workshop geht es darum, den Begriff der „Hofschule“ zugunsten eines Netzwerkes zu überdenken und die Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Herangehensweise auszuloten. Das karolingische
Gelehrtennetzwerk soll sowohl von methodisch-theoretischer, als auch von einer medienhistorischen Seite untersucht werden. Eine derartige Neuperspektivierung ermöglicht es, das Phänomen der „karolingischen Renaissance“ als kommunikative Realität zu erfassen.

Einleitung
Die Kommunikation im Gelehrtennetzwerk um Karl den Grossen ist uns in vielerlei Quellen überliefert und wurde von den zeitgenössischen Gelehrten rege thematisiert: „Venerunt apices ab aula“ – „Es kamen Briefe vom Hof“. So beginnt ein Gedicht des Angelsachsen Alcuin, der als führender Kopf des Gelehrtenkreises um Karl wirkte. Er thematisiert hier die räumliche Distanz zwischen ihm, der in seinem Kloster in Tours schreibt, und dem Zentrum der Aufmerksamkeit der Gelehrten, dem Königshof in Aachen. Gemeinsam mit einer Vielzahl der überlieferten Briefe und weiteren Quellen, stellt dieses Gedicht ein Zeugnis der räumlichen Verteilung und der persönlichen Verflechtung der sogenannten karolingischen Hofschule dar.

Doch ist der Begriff der „Hofschule“ (palace school, école palatine) um Karl den Grossen irreführend und wurde in der Forschung bislang unreflektiert verwendet. Er suggeriert eine Einheit und Beständigkeit einer Institution, die in den Quellen nicht zu finden ist. Mit der Vorstellung von Schule, also klaren hierarchischen Strukturen und asymmetrischen Wissensflüssen kann in keiner Weise der Intellektuellenalltag angemessen modelliert werden. Vielmehr war die Gelehrtengemeinschaft nur zwei bis drei Jahre physisch in Aachen anwesend und selbst in dieser Zeit viel auf Reisen, sei es, dass die Gelehrten im Auftrag des Königs auf Reisen waren oder dass sie ihre eigenen Klöster verwalteten. Es herrschte jedoch ein reger Austausch, immer mit Bezug auf den König, auf Aachen als das Zentrum. Daher scheint die Vorstellung eines Netzes mit mehrfachen Netzknotenpunkten und einem übergeordneten Bezugspunkt des Königs ertragreicher, um das geistige Leben im Karolingerreich zu erfassen
und mit diesem neuen Modell Rolle und Wirkmechanismen Alcuins und anderer Gelehrter klarer konturieren zu können. Der hier verwendete Begriff des Netzwerks wird aus der Soziologie übernommen und erweitert: Während ein Netzwerk, klassisch verstanden, zwar die Verhältnisse von Knotenpunkten beschreiben konnte, erfasste der Begriff nicht die Qualität dieser Verbindungen. Ausserdem vermag ein so verstandenes Netzwerk nicht die diachronen Veränderungen, wie sie in der kurzen und sich rasch wandelnden Zeit der sogenannten karolingischen Renaissance auftraten, zu beschreiben. Indem die Qualität der Verbindungen und die die diachronen Veränderungen im Modell des Netzwerkes mitgedacht werden, ergeben sich neue Fragen und neue methodische Wege, die Kommunikation zwischen den Gelehrten historisch zu fassen und am Beispiel Alcuins das Gelehrtennetzwerk um Karl auf Kommunikationsinhalte, -medien und –strukturen zu untersuchen. Alcuin ist gleichsam der Kristallisationspunkt, an dem – wegen vergleichsweise günstiger Überlieferungsverhältnisse – exemplarisch die sozialen und kommunikativen Gegebenheiten der karolingischen Gelehrtenkultur aufgezeigt werden können: Er steht zentral und in unmittelbarer Nähe zum König und hat damit eine Sonderrolle, seine Karriere ist jedoch typisch genug, um als exemplarisch gelten zu dürfen.


Wann? 07.03.2019 09:00    -    08.03.2019 16:00
Wo? Universität Zürich
Vortragende Der Workshop wird von Rebecca Schmalholz (Zürich) und Isabela Stoian (Fribourg, Bukarest),
unterstützt von Prof. Dr. Sebastian Scholz, organisiert. Als Vortragende, bzw. Sektionsleitende konnten Prof. Dr. Mary Garrison (York), Prof. Dr. Hans-Werner Goetz (Hamburg), Prof. Dr. Christiane Veyrard-Cosme (Paris), Prof. Dr. Carmen Cardelle de Hartmann (Zürich), Diana Baraboi (Buckarest) und Luce Carteron (Paris) gewonnen werden.
Eine Publikation der Beiträge ist geplant.
Kontakt Universität Zürich et I. Stoian, assist. dipl. Université de Fribourg
Isabela Stoian
isabela.stoian@unifr.ch
Anhang
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