Der grosse, offenbare Tag

zurück

12

Mit so unerklärlichem Trieb, wie er Tieren vor einem Unwetter eigen ist, war die Gemeinde zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten beieinander. Die Gläubigen griffen häufiger denn je zum Psalter, und wenn ich nach der Arbeit in irgendeine der Hütten einkehrte, ließen die Guten mich nicht wieder weg, und aus einem Besuch wurde eine Andacht, nach der sie begehrten. Bei solchen Gelegenheiten aber kam mir auch das Gerücht zu Ohren, der rote Pitirim habe laut und öffentlich geschworen, der Heilige Geist würde zum Pfingstfeste wohnungslos und keine Kirche mehr haben, in der er Einlass fände. Das waren traurige Nachrichten - der Lästerung wegen und weil sie mich Schlimmeres fürchten ließen. Was aber sollten wir tun? In vielen Häusern, in denen ich war, sah es schon pfingstlich aus, wie wir es gewohnt sind. Meine geistlichen Kinder hatten beizeiten Birkenreis und ganze kleine Bäume aus dem Walde geholt und in ihren Stuben zum Grünen gebracht. Mit denen sollte der Tempel geschmückt werden. Ich ermahnte sie, nicht ihre Kinder zu schicken, da dieses uns übel ausgelegt würde, sondern selber zu [94] kommen. Und so versprachen sie es. - In den zehn Tagen, die unser Herr und Erlöser bei seinem Vater verweilte, um alsdann seinen Geist zu uns zu senden, den Tröster, den Helfer, den Geist der Liebe und der Wahrheit - in diesen zehn Tagen wurde es Frühling. Und welch ein Frühling! Die Ältesten von uns konnten sich nicht entsinnen, die Wende jemals mit solcher Gewaltsamkeit erlebt zu haben. Nach der Finsternis des Himmelfahrtstages wurde es niemals mehr hell. Der See und die Wälder hüllten sich in einen schweren Dunst, der dort enden mochte, wo die Wolken begannen, niemand konnte das unterscheiden. Ein warmer Sturm brach herein, wie geradewegs aus dem kaspischen Süden; Regen, warm und mit großen Tropfen, fiel auf den Schnee, daß die Erde das Tauen gar nicht zu fassen vermochte. Wir saßen des Abends in unseren Häusern und blickten uns stumm an, wenn zwischen dem Brummen und Heulen der Bären, die da vor unseren Fenstern zu tapsen schienen, mit einem Male ein Schmettern und Donnern erscholl, mit dem die Wassermassen des Flusses den fesselnden Schild des Eises zerspellten. Aber ich sage Ihnen: wenn es jetzt still geworden wäre, wenn jetzt der Regen aufgehört hätte, wenn jetzt die allmählich sich öffnende Erde die Wassermengen in sich hätte aufnehmen können - noch wäre das Unheil aufzuhalten gewesen. Doch es kam anders.

weiter