Der grosse, offenbare Tag

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Alle Arbeiten hatten eingestellt werden müssen; auch unten bei der Säge war das Wasser über die Ufer getreten. Es schoss über der alten Eisdecke dahin und schwoll und schwoll. Am Morgen vor dem Pfingsttag floss der Fluss unmittelbar neben der Kirche vorüber, und das Wasser spülte schon bis vor die Stufen. Und immer noch war es im Steigen. Die Männer und Frauen, die am Sonnabend die Birken brachten, hatten Mühe, sich aufrecht zu halten, so gewaltsam war der Sturm, der in die eben grünenden Zweige griff. Zur Abendandacht mussten die meisten schon durch die Sakristei Einlass suchen. Aber nun war auch der Eisgang eingetreten. Wie schwere Wagen, rasselnd und polternd, schoben sich die Schollen neben der Kirche dahin, und die Strudel mahlten sie in die Runde und häuften sie aufeinander wie zu widerwärtiger Paarung, die Unheil gebiert.

"Du hast dich erhoben in Herrlichkeit, Christos, unser Gott, die Jünger erfreuend durch die Ankündigung des Heiligen Geistes, daß sie durch deine Segnung darin bestärkt würden, daß du [95] bist der Sohn Gottes, der Erlöser der Welt!" So lautet das Troparion am Vorabend der Pfingsten, und ihm ist der 103. Psalm zugeordnet: "Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen!" - Oh! gewaltige Worte im Tempel! Draußen aber, vor der Pforte, über den Wassern und den sturmgebeugten Wäldern und dem stäubenden Ladogasee, sprach noch gewaltiger der Herr selbst in all diesem Brausen. Den Schall unserer Glocken, denen wir neue Klöppel eingesetzt hatten, vernahm niemand im Dorf, so rasch riss der Sturm ihn mit fort in die Einöde. Doch um die Zeit, da die Sonne eben untergegangen war, endete dieser Sturm ebenso plötzlich, wie er ausgebrochen war. Es blieb ganz allein die Stimme des Wassers. Und die war gewaltig! Jetzt erst, da sonst nichts anderes mehr zu hören war, vernahmen wir sie recht. Es hatte angefangen zu dämmern, als jemand in unser Haus kam und mit Entsetzen meldete, bei der Mündung des Flusses in den See habe sich eine Barriere aus Treibholz und Eis gebildet, die das Wasser im Oberlauf noch höher steigen ließe. Und nun, das war mir sogleich klar, war unsere Kirche in schwerer Gefahr! Ich eilte mit dem Boten hinaus und fand den Platz um den Tempel herum schon jetzt mit zersplitterten, aufs Land geschobenen Eisschollen bedeckt - Eisschollen, die wieder vom Wasser eingeholt werden würden, wenn nur der Fluss weiter stieg. Etliche Männer aus meiner Gemeinde hatte dieselbe Botschaft erreicht. Sie kamen und holten auf mein Geheiß Stangen mit eisernen Haken und Spitzen, wie wir sie beim Flößen benutzten, um die Schollen, die gegen das Gotteshaus drängten, abzuwehren und, wie es die Baumstämme mit sich tun lassen, in die Strömung zu leiten. Und über dem ersten Erkennen der Gefahr und dem Wissen, daß jetzt gekämpft werden musste, solange das Wasser nicht fiel, gekämpft gegen die ganze Gewalt des Wassers und des Eises, die sich von den Quellen des Flusses bis hier an seiner Mündung gesammelt hatte, wurde es dunkle Nacht.

Einige von den Männern gingen Heim, um mehr Stangen zu holen und auch Laternen und sich für eine Nachtwache zu rüsten; wir anderen blieben derweil und gingen erst, als sie wiedergekommen waren. Selbst etliche von den Frauen hatte die Nachricht aufgeschreckt. Sie kamen und hielten die Laternen in die Höhe, daß wir in ihrem Licht besser sehen könnten, und kauerten sich in ihre Tücher und blickten mit vor Entsetzen weiten [96] Augen bald auf unsere kleine Kirche und bald auf den ungeheuerlich zum Strom angeschwollenen Fluss mit seiner verderblichen Eislast. Ja, einige wollten, als es erst Abend war und das Ärgste uns noch bevorstand, schon ein Knirschen und Bohren in den Balkenwänden der Kirche gehört haben; andere plagte die Angst zu einem hellen Aufschrei des Entsetzens, weil sie eine Erscheinung im Turm bei den Glocken gesehen zu haben meinten, aber wir taten das alles mit gutem Zureden als Wahn ab.

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