Einheit und Leitung in den Ostkirchen

Die katholischen Kirchen und die orthodoxen Kirchen haben dasselbe Verständnis des Weihesakramentes und erkennen in der Regel gegenseitig ihre Diakone, Priester und Bischöfe an. Der erkennbare Unterschied liegt in dem Bezug zum Bischof von Rom, der für die katholischen Kirchen als "Papst" eine besondere Rolle als sichtbares Zeichen für die Einheit der Kirche zukommt. Bei den orthodoxen Kirchen gibt es kein Oberhaupt über die jeweiligen Patriarchen, Erzbischöfe oder Metropoliten der autokephalen Kirchen hinaus. Dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel wird ein "Ehrenprimat" zugesprochen. Doch wenn sich Tendenzen zeigen, diesen Vorrang als "Papsttum des Ostens" zu entwickeln, wird Widerspruch aus den orthodoxen Kirchen selbst hörbar.

Die Gründe für dieses unterschiedliche Verständnis von Einheit und Leitung sind nicht zuletzt historisch zu verstehen:

330 n.Chr. machte der römische Kaiser Konstantin der Große die Stadt Byzantion am Bosporus, einer Meerenge zwischen Europa und Asien, zu seiner Hauptresidenz, baute sie großzügig aus und benannte sie offiziell in Nova Roma um. Sie wurde die Hauptstadt des Oströmischen Reichs und blieb dies – abgesehen von der Eroberung im Vierten Kreuzzug – ununterbrochen bis zur osmanischen Eroberung 1453. Nach dem Tod von Kaiser Konstantin wurde die Stadt offiziell in Constantinopolis umbenannt. Sie war die Hauptstadt des Osmanischen Reichs. Seit 1930 heißt die Stadt offiziell Istanbul, ein Alternativname, der bereits im seldschukischen und osmanischen Reich gebräuchlich war.

Machtpolitisch war die Verlegung der Hauptstadt mehr als verständlich: Rom am Tiber lag im Verhältnis zu dem weitläufigen Römischen Reich allzu sehr am Rande. Die Folgen der Verlagerung des politischen Zentrums nach Konstantinopel zeigen, dass die Einheit der Kirche in Zuordnung und Abgrenzung zur Einheit der jeweiligen politischen Macht bestimmt werden muss:

  • Für die Ostkirchen war der Kaiser nicht nur aus politischen Gründen der Bezugspunkt und Garant der kirchlichen Einheit: Er berief die Ökumenischen Konzilien ein und setzte deren Beschlüsse als Reichsgesetze in Kraft. Dieses Verständnis sollte nicht zu schnell als "Cäsaropapismus" kritisiert werden. Es ist theologisch begründet und wird von den Christen ausdrücklich reflektiert:

– Pentarchie – unterschiedliche Gewichte in Ost und West

„Abschaffung" des westlichen Patriarchats?

– Kaiser als Bischof „toon ektos"

– theologische Würdigung: in jedem politischen Verantwortungsträger steckt die Potentialität für den Pantokrator Jesus Christus ...