Katrin Visse hat Katholische Theologie und Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin, in Tübingen und Damaskus studiert und schloss 2008 mit einem Magistra Artium ab. Sie ist Referentin für Islam und Theologie an der Katholischen Akademie in Berlin.

Stetes und Unstetes in Islam und Christentum – Dialogische Überlegungen in Anlehnung an Fazlur Rahman, Seyyed Hossein Nasr und Khaled Abou El Fadl

Das Dissertationsvorhaben betrachtet, wie Muslime und Christen immer wieder neu bestimmen, welche Gehalte ihres Glaubens eindeutig und damit unveränderbar und welche mehrdeutig und Veränderungen unterworfen. Exemplarisch untersucht werden sowohl Begründung als auch Methode von Fazlur Rahman, Seyyed Hossein Nasr und Khaled Abou El Fadl – drei muslimische Autoren, die dieser Frage in unterschiedlichen Feldern (Schrift, Recht und Mystik) nachgehen. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse anhand von Querschnittsthemen (z.B. Haltung zu Inkulturation und Kritik, Entweltlichung oder die Frage nach Autorität) induktiv mit christlichen Überlegungen zur gleichen Frage ins Gespräch gebracht. Da Muslime und Christen strukturell vor der gleichen Schwierigkeit stehen, nämlich eine Offenbarung, die zu anderer Zeit und an anderem Ort an sie ergangen ist, heute auszulegen und somit in ihrem Leben zur Geltung zu bringen, sind hier viele Lernmöglichkeiten auf beiden Seiten zu erwarten. Gezeigt werden soll, wie Muslime und Christen begründen, dass ihr Glaube sich überhaupt in immer wieder neuen Kontexten entfalten kann, wie sie dabei vorgehen – und was sie dadurch als ihre Tradition verstehen. So wird deutlich werden, dass Begründungen für Innovation individuell gegeben werden und diese somit plural sind. Gleichzeitig sind Kriterien zu benennen, die Veränderungen nicht nur präziser beschreiben können, sondern die es auch erlauben, diese normativ zu betrachten.