Das Wort der RektorinPublié le 03.07.2020

«Universitäre Bildung kann nicht auf Präsenzveranstaltungen verzichten»


Ein etwas sonderbares Semester neigt sich nun seinem Ende zu: Es war für die gesamte Universitätsgemeinschaft voller Herausforderungen, und sowohl Flexibilität und Kreativität als auch in verschiedener Hinsicht besondere Anstrengungen waren auf allen Ebenen gefragt. Es war aber auch eine Zeit, welche verdeutlichte, dass ein «Zusammenstehen» der gesamten Universitätsgemeinschaft es erlaubt, auch schwierigen und unvorhergesehenen Situationen in angemessener Weise zu begegnen. In diesem Sinn ist es mir ein Anliegen, allen Angehörigen der Universität nochmals sehr herzlich für das ausserordentliche Engagement, aber auch das grosse Verständnis und die Loyalität zu danken, die es ermöglicht haben, konstruktiv und phantasievoll mit der unerwarteten Situation umzugehen.

Einen besonderen Dank möchte ich an dieser Stelle aus gegebenem Anlass zwei Mitgliedern der erweiterten Universitätsleitung – Herrn Fabian Amschwand, Generalsekretär, und Herrn Lukas Bucher, akademischer Direktor – aussprechen: Beide Kollegen werden Ende August in den Ruhestand gehen, und im Namen der gesamten Universitätsgemeinschaft möchte ich ihnen sehr herzlich für ihren langjährigen grossen Einsatz und ihre Loyalität danken, dies auch und gerade in den letzten Wochen und Monaten. Es war immer ein Privileg und ein Vergnügen, mit ihnen zusammenarbeiten zu dürfen, und die Universität als Ganzes verdankt ihnen viel.

Zu Beginn des Sommers stehen aber auch bereits die Vorbereitungen für das Herbstsemester an. Soweit die universitäre Lehre betroffen ist, ist das Rektorat dezidiert der Ansicht, dass mit Beginn des Herbstsemesters die Lehrveranstaltungen wieder grundsätzlich bzw. soweit wie möglich im Präsenzmodus stattfinden sollen: Auch wenn der Fernunterricht im Frühlingssemester insgesamt durchaus sehr gut funktioniert hat, kann universitäre Bildung auf Präsenzveranstaltungen nicht verzichten: Denn an der Universität geht es nicht in erster Linie darum, abrufbare Kenntnisse zu erwerben; vielmehr steht – ausgehend von Fach- und Methodenkompetenzen – die Fähigkeit zu vernetztem Denken, zur Analyse komplexer Sachverhalte sowie zum kritischen, analytischen und transdiziplinären Denken im Vordergrund. Dies impliziert auch und gerade differenziertes Argumentieren und die konstruktive und respektvolle Konfrontation mit Ideen anderer. Hierfür braucht es aber Raum und «reale» Interaktionen unter den Studierenden sowie zwischen Studierenden und Dozierenden. Nur auf diese Weise ist ein wirklicher Austausch möglich, und nur auf diese Weise kann sich die Grundidee der Universität als Ort, an dem Studierende und Dozierende gemeinsam argumentieren und nachdenken und wo Lehre und Forschung eine Einheit bilden, entfalten. Dies schliesst freilich einen Rückgriff auf digitale Unterrichtseinheiten soweit sinnvoll nicht aus; keinesfalls vermögen sie aber den realen Austausch zu ersetzen.

In diesem Sinn hoffe ich sehr, möglichst viele unter Ihnen (spätestens) im Herbstsemester wieder auf dem Campus anzutreffen und wünsche Ihnen bis dahin einen erholsamen Sommer.

Astrid Epiney
Rektorin

Photo: Pierre-Yves Massot