Dossier

Warum schmilzt Metall? Eliot, 10 Jahre

Vom Frühstückslöffel übers Handy bis zum Geldstück: Wir benutzen täglich Gegenstände, in denen Metall steckt. Und obwohl es sich um ein festes Material handelt, kann es auch schmelzen.

Alle Feststoffe können bei einer bestimmten Temperatur – dem Schmelzpunkt – schmelzen. Sie ändern dann ihren so genannten Aggregatszustand von fest nach flüssig (oder, bei weiterem Erwärmen zum Siedepunkt, in den Gaszustand). Für jeden Stoff gilt dabei ein anderer Schmelzpunkt. Metalle schmelzen je nach chemischer Zusammensetzung bei ganz unterschiedlichen Temperaturen – Cäsium beispielsweise schmilzt bereits bei erhöhter Raumtemperatur, Wolfram erst bei über 3000 Grad Celsius. Damit ist auch gesagt, dass es ganz verschiedene Metalle gibt. Aber es gibt einige Eigenschaften, die alle Metalle teilen: Ein Metallatom besteht aus einem positiv geladenen Atomkern und einer negativ geladenen Ummantelung, den Elektronen. Um die metallischen Eigenschaften zu entfalten, müssen viele Metallatome zusammenkommen. Ein einzelnes Eisenatom ist also noch kein Metall. Zu den metallischen Eigenschaften gehört beispielsweise die elektronische Leitfähigkeit, das bedeutet, dass die einzelnen Atome ihre Elektronen teilen und diese sich zwischen den Atomrümpfen gut bewegen können. Weitere typische Eigenschaften sind auch die meist silbrig glänzende Oberfläche und ihre gute Verformbarkeit. In der Natur kommen nur wenige reine Metalle, also gediegen, vor: Beispiele sind Gold, Quecksilber und Silber. Die meisten Metalle findet man in chemischen Verbindungen, den Erzen, zum Beispiel mit Sauerstoff gebunden. Gebrauchsmetalle, wie beispielsweise Eisen, muss man chemisch herstellen. Das ist ein sehr aufwändiges Verfahren, weil man dafür viel Energie in Form von Wärme oder Strom braucht. Deshalb ist es auch wichtig, dass wir den Werkstoff Metall wertschätzen und rezyklieren.

 

Was passiert nun chemisch, wenn Metall schmilzt? Man kann das mit einer Gruppe Kinder veranschaulichen. Angenommen, es ist kalt draussen und die Kinder wollen sich wärmen. Was tun sie? Sie rücken zusammen wie Pinguin-junge in der Kälte des Polareises, die auf ihre Eltern warten. Das ist auch bei Metallen so: Wenn ein Metall kalt ist und sich unter seinem Schmelzpunkt befindet, stehen die einzelnen Atome, die ein Metall ausmachen, ganz eng nebeneinander. In diesem festen Aggregatszustand bilden die Atome eine feste Ordnung, sie stehen quasi in Reih und Glied. Sobald den Kindern warm wird, bewegen sie sich wieder weg voneinander. Bei den Metallen ist es auch so: Die rigide Ordnung geht verloren, die Atome bewegen sich, das Metall beginnt zu schmelzen, wird flüssig. Wenn das Metall wieder abgekühlt wird, finden die Atome wieder in ihre ursprüngliche Ordnung zurück, der Stoff wird wieder fest.

 

© Jan von Holleben

Es gibt aber einige Substanzen, auch Metalle, die schon vor Erreichen ihres Schmelzpunkts mit der Luft reagieren. Beispiele dafür sind Lithium oder Holz, beide «verbrennen» an Luft, was sich durch unterschiedliche Phänomene bemerkbar macht: Lithium verfärbt sich an der Oberfläche durch die dortige Bildung von Lithiumoxid und -nitrid, während Holz sich ab einer bestimmten Temperatur entzündet. Auch Eisen reagiert mit Luft, allerdings sehr langsam, und bildet Rost. Dabei wird Eisen oxidiert und Sauerstoff reduziert. Das bedeutet, dass der Sauerstoff dem Eisen Elektronen wegnimmt, wodurch das Eisen seine metallischen Eigenschaften verliert…

 

Man kann Eisen aber gegenüber dieser Reaktion mit Luft schützen, beispielsweise durch Mischen (=Legieren) mit anderen Metallen und Nichtmetallen, um rostfreien Stahl herzustellen. Stahl übrigens ist ein sehr vielfältiges Metall: Es gibt mehr als 2000 Stahlsorten mit unterschiedlichen Eigenschaften. Stahl kann unglaublich widerstandsfähig sein – man denke beispielsweise an ein Flugzeug: Das steht vielleicht irgendwo in einem tropischen Land stundenlang in der brütenden Hitze und ein paar Minuten später muss es in 10’000 Metern Höhe minus 60 Grad Celsius aushalten. Das sind Temperaturunterschiede von über 100 Grad. Metalle sind faszinierend, weil sie rund 80 Prozent aller chemischen Elemente ausmachen und so unterschiedliche Eigenschaften haben. Beispielsweise Blei: Das ist zwar ein Schwermetall, ist aber gleichzeitig so weich, dass man es wie Wachs ritzen oder als Rohrdichtung einsetzen kann. Metalle haben die unterschiedlichsten Farben von rötlich (Kupfer), gelb (Gold) oder silbrig. Silber ist übrigens das Metall, das am meisten spiegelt. Deshalb wurden früher die Spiegel aus Silber hergestellt. Ausserdem leitet Silber auch sehr gut Strom und Wärme. Es gibt bei den Metallen auch so genannte Supraleiter, die Strom ohne Widerstand, also Reibungsverluste leiten. Das Problem dabei ist, dass dies nur bei sehr tiefen Temperaturen möglich ist, das heisst unter minus 200 Grad. Natürlich sind Metalle auch als Schmuck sehr beliebt. Der Begriff Metall kommt übrigens aus dem Griechischen, vom Wort métallon, das Mine oder Schacht bedeutet. Das bezeichnet wohl den Fundort von Metallen. Antike Funde von Münzen und Schmuck belegen, dass der Mensch den Wert und die Schönheit des Metalls schon sehr früh erkannt hat.

 

Unsere Expertin Katharina Fromm ist Professorin für Chemie an der Universität Freiburg. Nebst ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit engagiert sie sich für Kinder, denen sie in unterhaltsamen Vorführungen die Chemie näherbringt.

katharina.fromm@unifr.ch