Editorial

Was wir nicht kennen, flösst uns Respekt ein, ja, es macht uns bisweilen gar Angst. Der erste Tag im Kindergarten. Neue Technologien. Fremde Kulturen. Auch der Tod. Und damit verbunden das Sterben. Zeitlebens lernen wir, mit der Angst vor dem Unbekannten um- zugehen, indem wir uns damit auseinandersetzen. Uns langsam an das noch nie Erlebte oder noch nie Getane herantasten. Bis wir den Schritt wagen. Im Zusammenhang mit dem Sterben scheint dieses Konzept noch nicht sehr verbreitet. Wir vermeiden den Gedanken an unser Ableben tunlichst und unternehmen nur wenig, um diesem Schrecken die Schärfe zu nehmen. Dabei ist es durchaus wahrscheinlich, dass das erprobte Rezept auch in diesem Falle funktionieren könnte. Wenn wir zulassen, dass der Tod ein Teil des Lebens wird. In Gesprächen mit unseren Expert_innen wurde deutlich, dass sich diesbezüglich langsam ein Sinnes- wandel abzeichnet. Auch die Menschen im Westen beginnen, sich mit der Vorstellung des «guten Sterbens» anzufreunden. Noch vor gut hundert Jahren hat sich in erster Linie die Kirche um die Frage gekümmert, wie wir zu sterben haben und was danach mit uns passiert. Mit dem Rückgang dieses Einflusses wurde das Sterben mehr und mehr zur Privatsache. Aber die Freiheit, eine Wahl zu haben, ist nicht immer einfach. Verschiedene Faktoren haben dazu beigetragen, dass heute etwas selbstbewusster an das Sterben herangegangen wird. Immer mehr Personen suchen spirituelle Begleitung und äussern, wo, wie und in wessen Begleitung sie die letzte Zeit verbringen möchten – auch wenn dieser Wunsch leider in viel zu vielen Fällen nicht erfüllt werden kann. Nicht zuletzt der Blick auf andere Kulturen, die Auseinandersetzung mit fremden Religionen und Traditionen hat unter den Menschen in unseren Breitengraden eine Hoffnung geweckt: Dass etwas von uns weiter existiert.