Porträt

«Man soll sich fördern lassen»

Die Leidenschaft für ihren Job ist deutlich spürbar. Ein Interview mit PH-Rektorin und Tausendsassa Katharina Mertens Fleury über Work-Flow, Visionen und Fondue

Katharina Mertens Fleury, Sie sind als erste deutschsprachige Rektorin seit bald einem Jahr an der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Wie war es, im neuen Job anzufangen?

Ich bin seit 30 Jahren Freiburgerin und habe mich gefreut auf die neuen Bekanntschaften, Mitarbeitenden, Aufgaben und alles, was mich hier erwartet. Ich tausche mich gern mit Personen aus und habe dieses Mandat mit der Aufnahme eines Dialogs begonnen. Das möchte ich als Rektorin auch weiterhin realisieren.

Was bedeutet Dialog?

Der Dialog zwischen den verschiedenen Anspruchsgruppen. Wir haben vier Leistungsaufträge und damit verbunden verschiedene Gruppen von Mitarbeitenden. Unsere Dokumentationszentren beispielsweise haben andere Ansprüche als die Lehrenden und Forschenden in unserer Institution. Es ist mir sehr wichtig, alle zu unterstützen, damit die Arbeit hier an dieser Institution optimal funktioniert.

Ist es für Sie doppelt schwierig, da die PH zweisprachig ist?

Ich bin selber zweisprachig, spreche jeden Tag Französisch, auch zuhause. Je nach Situation kann ich sehr gut darauf reagieren und mich der Mehrheit anschliessen und auf Französisch oder Deutsch wechseln.

Setzen Sie die Zweisprachigkeit auch für die Studierenden um?

Ja, es gibt sogar einen zweisprachigen Studiengang. Man kann aber auch punktuell Kurse bei der anderen Sprachgruppe absolvieren. Das ist auch eine Form des Dialogs, die mir sehr wichtig ist: jener zwischen den verschiedenen Sprachgruppen.

Das klingt diplomatisch. Verlieren Sie auch manchmal die Fassung?

Eigentlich bin ich ein sehr ruhiger Mensch. Manchmal nervt es mich, wenn ich im Deutschen oder Französischen nicht das richtige Wort finde.

Wo sehen Sie die Chancen einer Zusammenarbeit zwischen PH und Uni?

Wir können auf fachlicher Ebene Projekte vorantreiben. Wir haben hier das ganze Fächerspektrum, das in Primarschulen unterrichtet wird. An der Uni gibt es das Institut für Lehrerbildung, dort wird die Lehrerschaft von Sekundarschule I und II ausgebildet. Und da wir alle an Didaktik und Pädagogik interessiert sind, kann ich mir vorstellen, dass es auch da viele fachliche Anknüpfungspunkte gibt.

Wo steht die PH aktuell und wo soll sie hin?

Ein gut erreichbares Ziel ist, die institutionelle Akkreditierung in den nächsten zwei Jahren zu bekommen. Wir nehmen ab nächstem Jahr 50 Studierende mehr auf, eine geplante Steigerung um ein Viertel, was gleichzeitig eine Herausforderung bedeutet. Und wir sollen und möchten enger mit der Lehrerbildung an der Uni zusammenarbeiten. Wir wollen einerseits die Ausbildung weiterhin qualitativ hochstehend gestalten. Andererseits muss die Ausbildung der Berufspraxis und der immer stärkeren Heterogenität der Klassen angepasst werden.

 

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Welche Tipps geben Sie Frauen, die eine Laufbahn wie die Ihre anstreben?

Es ist wichtig, gut vernetzt zu sein. Männer und Frauen sollten Personen treffen, die in dem Beruf tätig sind oder bereits auf der Karrierestufe sind, die man erreichen möchte, um von deren Erfahrung zu profitieren. Man soll nicht zögern, sich von seinen Vorgesetzten fördern zu lassen. Es ist für mich wichtig, Mitarbeitende zu fördern. Das bedeutet, sich passende Programme zu überlegen, damit die weiteren Karriereschritte gelingen.

Wurde von Ihnen als Frau mehr erwartet?

Ich habe viel Leidenschaft entwickelt in allem, was ich getan habe; dann zählt man die Arbeitsstunden nicht. Vielleicht hat mich das so vorangetrieben. Wenn eine Sache mir Freude macht, bin ich im Flow. Deshalb ist es für mich schwierig zu sagen, ob ich mehr oder weniger gemacht habe als andere.

Sie waren auch bei Radio Fribourg tätig.

Ich kam damals in die Schweiz, um Journalistik und Kommunikationswissenschaften zu studieren. Bei Radio Fribourg schloss ich ein 2-jähriges Volontariat ab. Begeistert hat mich die abwechslungsreiche Tätigkeit in der Nachrichtenredaktion. Ich habe Bänder geschnitten, am PC, mit Mikrofonen und Aufnahmegeräten gearbeitet.

Ein PH-Podcast wäre doch was!

Warum nicht, irgendwann? Wir haben hier nämlich Multimedia--Studios.

Gibt es etwas, was Sie noch nicht gemacht haben, und auf Ihrer Wunschliste steht?

Aktuell begeistern mich meine Aufgaben an der PH und meine nebenberufliche Tätigkeit als Titularprofessorin an der Universität Zürich. Aber vielleicht interessieren mich in ferner Zukunft auch wieder Naturwissenschaften, Japanisch und Italienisch.

Was macht Sie glücklich?

Ein Fondue moitié-moitié geniessen mit Freunden, meiner Familie… Wenn ich in der Altstadt spazieren gehe, am Wochenende auf einer Terrasse sitze, im Wald jogge, dann ist das für mich in meiner Freizeit Glück. Aber es ist vor allem ein Glück, hier zu sein: an der PH arbeiten mit Blick auf die alten Stadtmauern, tagtäglich die kleinen Fortschritte zu erkennen und zu wissen: Da habe ich jetzt etwas Gutes bewirkt.

 

Katharina Mertens Fleury hat an der Universität Freiburg Journa­listik und Kommunikationswissenschaften studiert. Heute lehrt sie als Dozentin an der Universität Zürich und ist die erste deutsch­s­prachige Rektorin der Pädagogischen Hochschule Freiburg. Sie lebt in Ependes (FR), ist verheiratet und Mutter zweier erwachsener Kinder.