Wirtschaft und Gesellschaft - Die Eigentumsgesellschaft

  • Unterricht

    Details

    Fakultät Philosophische Fakultät
    Bereich Sozialarbeit, Sozialpolitik und globale Entwicklung
    Code UE-L20.00519
    Sprachen Deutsch
    Art der Unterrichtseinheit Vorlesung
    Kursus Master
    Semester SP-2021

    Zeitplan und Räume

    Vorlesungszeiten Dienstag 10:15 - 12:00, Wöchentlich (Frühlingssemester)

    Unterricht

    Dozenten-innen
    • Schief Sebastian
    Beschreibung

    Der Argumentation von Piketty (2020) folgend wandelten sich die alten ständischen Gesellschaften (z.B. Frankreich, USA) im Zuge fundamentaler gesellschaftlicher Veränderungen (Revolutionen, aber auch andere gesellschaftliche Umwälzungen) hin zu so genannten Eigentumsgesellschaften. Während die Frage des Besitzes in ständischen Gesellschaften noch über den Status geregelt war, führten die Revolutionen in Frankreich und den Vereinigten Staaten von Amerika zu einer radikalen Neuordnung der Eigentumsrechte:

    “The US and French Revolutions both affirmed equality of rights as an absolute principle – a progressive stance at that time. But in practice, during the nineteenth century, the political systems that grew out of those revolutions concentrated mainly on the protection of property rights” (Piketty 2017:611).

    Piketty spricht in diesem Zusammenhang von einer Quasi-Sakralisierung des Eigentums und der Ideologie des Eigentums. Entscheidend für die Entstehung der ersten Eigentumsgesellschaften zwischen 1800 – 1914 war der rechtliche Schutz des Eigentums. Kapitalismus versteht Piketty (2020:154) als “…the particular form that proprietarianism assumed in the era of heavy industry and international financial investment, that is, primarily in the second half of the nineteenth and early twentieth centuries”. Und: “…capitalism can be seen as a historical movement that seeks constantly to expand the limits of private property and asset accumulation beyond traditional forms of ownership and existing state boundaries” (ebd.).

    Nach Piketty ist also “capitalism closely related to proprietarianism, which I define in this study as a political ideology whose fundamental purpose is to provide absolute protection to private property (conceived as universal right, open to everyone regardless of old status inequalities” (ebd.). Die Ideologie des Eigentums definiert Piketty (2020:189) als “the purpose of social and political order is to protect private property rights for the sake of both individual emancipation and social stability”.

    Während in der Phase zwischen 1914 – 1980 durch staatliche Regulierungen (insbesondere Einkommens-, Vermögens- und Erbschaftssteuer, Stichwort New Deal in den USA) die Eigentumsgesellschaft in eine offensichtliche Krise geriet, was insbesondere an dem starken Rückgang der Einkommens- und Vermögensungleichheit abzulesen war, können wir seit Beginn der 1980er Jahre von einer hyperkapitalistischen Gesellschaft, resp. von Neo-Proprietarismus sprechen, der die Eigenschaften von Eigentumsgesellschaften auf eigentümliche Art prononciert. In diesen neuen Eigentumsgesellschaften verbindet sich die quasi-sakrale Idee des Eigentums mit der Legitimation eben diesen Eigentums durch die Ideologie der Meritokratie, also dem Glaube an die Verteilung durch Leistung. Diese Kombination sorgt – zuende gedacht – für eine radikale Individualisierung des Erfolges wie auch des Misserfolges in kapitalistischen Gesellschaften.

    Die radikale Legitimation von Eigentum in kapitalistischen Gesellschaften wirkt sich nun weit über wirtschafliche Aspekte hinaus auf praktisch alle anderen Aspekte gesellschaftlichen Lebens aus; man könnte es mit Habermas eine spezifische Form der Kolonisierung der Lebenswelt nennen. Beispiele für Felder, in denen die Eigentumsideologie massgeblich Einfluss hat, wären u.a. die Privatisierung öffentlichen Raumes, die Nation verstanden als Eigentum des Volkes oder einiger weniger, Konsumverhalten, Wohnverhalten, Partnerschaft und Elternschaft, Kunst und wissenschaftliche Erkenntnis verstanden als geistiges Eigentum (Lizengebühren, Patente, Kunstmarkt) aber auch die Rolle des Erbes in modernen kapitalistischen Gesellschaften.

    Nachdem wir zu Beginn des Seminars die historische Entwicklung von Eigentumsgesellschaften analysieren, richtet sich im weiteren Verlauf des Seminars der Schwerpunkt der Analyse auf die Auswirkungen der quasi-sakralen Ideologie des Eigentums auf die oben genannten Bereiche der Gesellschaft. Wir wollen insbesondere diskutieren, wie sich die Quasi-Sakralität des Eigentums auf diejenigen Bevölkerungsgruppen auswirkt, die kein massgebliches Eigentum aufbauen können, dennoch aber von dieser Ideologie geprägt sind. Folgende Arbeitshypothese liegt dem Seminar zugrunde: In hyperkapitalistischen Gesellschaften ist es für weite Teile der Bevölkerung nicht möglich, dem Ideal einer Quasi-Sakralität des Eigentums und der Meritokratie zu folgen. Die Dominanz dieser Ideologie ist aber gesamtgesellschaftlich verankert und führt zu Kompensationshandlungen in allen gesellschaftlichen Bereichen.

    Lernziele

    Anspruch auf ECTS-Punkte    

    Präsenz
    Anwesenheitspflicht
    Absenzen sind zu entschuldigen

    Leistung
    Referat mit benotetem Handout sowie Feedback

    3 ECTS

     

    Soft Skills Nein
    ausserhalb des Bereichs Ja
    BeNeFri Nein
    Mobilität Nein
    UniPop Nein

    Dokument

    Bibliographie

    Literatur

    Piketty, Thomas (2017). Capital in the 21st Century. Cambridge/London: Belknap-Harvard.

    Piketty, Thomas (2020). Capital and Ideology. Cambridge/London: Belknap-Harvard.

  • Einzeltermine und Räume
    Datum Zeit Art der Unterrichtseinheit Ort
    23.02.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    02.03.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    09.03.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    16.03.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    23.03.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    30.03.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    13.04.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    20.04.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    27.04.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    04.05.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    11.05.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    18.05.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    25.05.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
    01.06.2021 10:15 - 12:00 Kurs STA 01, Raum 1.106
  • Leistungskontrolle

    Fortlaufende Evaluation

    Bewertungsmodus Nach Note, Nach bestanden/nicht bestanden
    Beschreibung

     

     

  • Zuordnung
    Zählt für die folgenden Studienpläne:
    Europastudien 30 [MA]
    Version: SA14_MA_PS_bil_v01
    Wirtschaftliche, politische und soziale Problemfelder in Europa > Sozialwissenschaften > Option A; Modul "Sozialwissenschaften (deutsch)

    Kultur, Politik und Religion in der pluralistischen Gesellschaft 90 [MA]
    Version: SA18_MA_PA_bi_v01
    Option > Option Politische und normative (Un)Ordnungen > ANTHRO 3 Interdisziplinar

    Kultur, Politik und Religion in der pluralistischen Gesellschaft 90 [MA]
    Version: SA18_MA_PA_bi_v02
    Optionen > Politische und normative (Un)Ordnungen > ANTHRO 3 Interdisziplinar

    Sozialarbeit und Sozialpolitik 120
    Version: SA17_BA_bil_de_v01
    Softskills

    Sozialarbeit und Sozialpolitik 120
    Version: SA17_BA_bil_de_v02
    Softskills

    Sozialarbeit und Sozialpolitik 120
    Version: SA17_BA_de_v02
    Softskills

    Sozialarbeit und Sozialpolitik 120
    Version: SA17_BA_de_v01
    Softskills

    Soziologie 120
    Version: SA17_BA_bil_de_v01
    Softskills

    Soziologie 120
    Version: SA17_BA_bil_de_v02
    Softskills

    Soziologie 120
    Version: SA17_BA_de_v01
    Softskills

    Soziologie 120
    Version: SA17_BA_de_v02
    Softskills

    Soziologie, Sozialpolitik, Sozialarbeit 90 [MA]
    Version: SA17_MA_VP_de_v01
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