MA-Seminar: Deutschsprachige Heiligenlegenden vom Mittelalter bis zur Gegenwart

  • Unterricht

    Details

    Fakultät Philosophische Fakultät
    Bereich Germanistik
    Code UE-L03.00233
    Sprachen Deutsch
    Art der Unterrichtseinheit Seminar
    Kursus Master
    Semester SP-2021

    Unterricht

    Verantwortliche
    • Herberichs Cornelia
    Dozenten-innen
    • Herberichs Cornelia
    Beschreibung

    Dozierende:

    Prof. Dr. Michael Stolz (Universität Bern)

    Prof. Dr. Cornelia Herberichs (Universität Freiburg)

    Prof. Dr. Nicolas Detering (Universität Bern)

     

    Durchführungszeit:

    Di 18-20 (evtl. Blocksitzung am 5. Juni 2021; Informationen dazu erfolgen spätestens in der ersten Sitzung)

     

    Modus:

    Fernunterricht, synchron (zumindest zu Beginn des Semesters; Informationen folgen während des Semesters), voraussichtlich via MS Teams

     

    Die Heiligenlegende gehört zu den umstrittenen Gattungen der europäischen Literaturgeschichte. Im Mittelalter waren Heiligenerzählungen ein wichtiger Teil der christlichen Frömmigkeitspraxis und zählen daher zu den handschriftlich meistverbreiteten Texten. Wie etwa Hartmanns von Aue Gregorius zeigt, konnte das legendarische Erzählen eine bemerkenswerte poetische Komplexität erreichen und sich bisweilen mit anderen Schreibweisen, etwa der höfischen Literatur, verquicken. Mit Luthers Diskreditierung als ›Lügende‹ geriet die Gattung jedoch in die Krise, wurde philologisch als teilfiktional und unhistorisch ›entlarvt‹ und insbesondere in den Parodien der Aufklärung mit Spott überzogen. Erst um 1800 entdeckten Herder, Kleist, Brentano und viele andere die alte Legendarik als poetische Quelle wieder. Nun als weitgehend fiktionale Gebilde verstanden, schien sie sich zunächst als Mittel der Mediävalisierung anzubieten. Sie fügte sich gut in eine Poetik des Naiven und Einfachen, wie sie die Romantiker entwarfen. Später, bei Flaubert, Keller und Gerhart Hauptmann, avancierte die Legende aber zum Experimentierfeld für unzuverlässige Figurenperspektiven und verunsicherte Wirklichkeitsbezüge. Gerade ihre frühere Disqualifizierung als unglaubwürdig und ›archaisch‹ empfahl sie einer Moderne, deren Wahrheits- und Fortschrittsgewissheiten spätestens mit Anbruch des 20. Jahrhunderts grundlegend erschüttert wurden. – Im Seminar wollen wir einige bedeutende Vertreter der Heiligenlegende von der Spätantike bis in das 21. Jahrhundert untersuchen, vom Martyrium Polycarpi (2. Jhd.) bis zu Michael Köhlmeiers Der Mann, der Verlorenes wiederfindet (2017). Dabei kommen zentrale Forschungsfragen der Gattungs- und Erzähltheorie zur Diskussion – etwa nach der Eigenart ›einfacher Formen‹ (André Jolles), der Spannung von Kausal- und Finalmotivierung sowie dem Verhältnis von syntagmatischem und paradigmatischem Erzählen. Daneben erarbeiten wir jene kulturtheoretischen Ansätze, die sich neuerdings verstärkt mit der darstellerischen ›Unverfügbarkeit‹ des Heiligen und seiner Korrelate befasst haben. Eine Blocksitzung soll sich mit dem Problem des universalen ›Gattungskerns‹ befassen, d. h. der Frage, ob es sich bei der Legende um eine genuin christlich-abendländische Erzählform handelt oder ob ihre Basiselemente nicht transkultureller Art sind, sich etwa auch im Erzählen des Alten Ägyptens oder der australischen Aborigines nachweisen lassen.

    Soft Skills Nein
    ausserhalb des Bereichs Ja
    BeNeFri Nein
    Mobilität Ja
    UniPop Nein

    Dokument

    Bibliographie

    Primärliteratur: Bitte schaffen Sie sich folgende Texte an: Hartmann von Aue: Gregorius. Hg. von Hermann Paul, neu bearbeitet von Burghart Wachinger. 16., unveränderte Aufl. Berlin – New York: De Gruyter 2011 (ATB 2), 25.90 CHF. – Heinrich von Kleist: Der Zweikampf. Die heilige Cäcilie. Sämtliche Anekdoten. Stuttgart: Reclam (ISBN: 978-3-15-008004-7), CHF 3.10. – Gottfried Keller: Sieben Legenden. Stuttgart: Reclam (ISBN: 978-3-15-006186-2), CHF 5.50. – Thomas Mann: Der Erwählte. Frankfurt a. M. (ISBN: 978-3-10-403404-1), CHF 10.00. – Michael Köhlmeier: Der Mann, der Verlorenes wiederfindet. Novelle. München: dtv (ISBN: 978-3-423-14700-2), CHF 14.30. Weitere Primärtexte werden zu Semesterbeginn über ILIAS zur Verfügung gestellt.

    Forschungen: Einen Überblick zur neuen mediävistischen Forschung geben: Julia Weitbrecht u. a.: Legendarisches Erzählen. Optionen und Modelle in Spätantike und Mittelalter. Berlin: Erich Schmidt 2019 (= Philologische Studien und Quellen 273). In diachroner Perspektive empfehlen sich die (allerdings wissenschaftlich veraltete) Einführung von Hellmut Rosenfeld: Legende. Stuttgart: Metzler 1961 (= Sammlung Metzler 9), sowie Ulrich Wyss: Legenden, in: Epische Stoffe des Mittelalters, hg. von Volker Mertens und Ulrich Müller, Stuttgart: Alfred Kröner 1984 (Kröners Taschenausgabe 483), S. 40–60. Umstritten, aber anregend: Hans-Peter Ecker: Die Legende: Kulturanthropologische Annäherung an eine literarische Gattung. Stuttgart: Metzler 1993 (= Germanistische Abhandlungen 76).

  • Leistungskontrolle

    Seminar - SP-2021, Sommersession 2021

    Bewertungsmodus Nach Note, Nach bestanden/nicht bestanden

    Seminar - SP-2021, Herbstsession 2021

    Bewertungsmodus Nach Note, Nach bestanden/nicht bestanden

    Seminar - SA-2021, Wintersession 2022

    Bewertungsmodus Nach Note, Nach bestanden/nicht bestanden

    Seminar - SP-2022, Sommersession 2022

    Bewertungsmodus Nach Note, Nach bestanden/nicht bestanden
  • Zuordnung
    Zählt für die folgenden Studienpläne:
    Germanistik 30 [MA]
    Version: SA16_MA_P2_dt_V02
    Germanistische Mediävistik 5
    Germanistische Mediävistik 4

    Germanistik 90 [MA]
    Version: SA16_MA_PA_dt_V02
    Germanistische Mediävistik 3
    Germanistische Mediävistik 5
    Germanistische Mediävistik 2
    Germanistische Mediävistik 1
    Germanistische Mediävistik 4